Rückkehr zur Ehrlichkeit

Frank-Walter Steinmeier (MdB) hat am Sonntag in der Siegerlandhalle für mehr Vertrauen in die Politik geworben. Beim Jahresempfang 2011 der heimischen Sozialdemokraten mahnte der Chef der SPD-Bundestagsfraktion die "Rückkehr zur Ehrlichkeit" an – und meinte damit vor allem Schwarz-Gelb und deren "Irrtumsbereinigung" in Sachen Energiepolitik.

Steinmeier sei der Einladung der Genossen zum diesjährigen Jahresempfang der SPD Siegen-Wittgenstein gerne gefolgt: "Die Region ist zum einen so etwas wie eine zweite Heimat für mich geworden", erklärte der gebürtige Detmolder den rund 300 geladenen Gästen. Zum anderen sei es dem Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion ein echtes Anliegen, im Wahlkreis einer seiner engsten Mitstreiter – gemeint ist der Bundestagsabgeordnete Willi Brase – ein "paar Dinge deutlich" zu machen.

Wut statt Aufschwung

Frank-Walter Steinmeier, der ehemalige Bundesaußenminister und Ex-Vizekanzler ist seit 2009 ohne Regierungsverantwortung und muss die harte Oppositionsbank drücken, registriere bei seinen Fahrten durch die Republik eine eigenartige Stimmung im Land. "In den vergangenen Monaten gestaltete nicht der wirtschaftliche Aufschwung die Schlagzeilen", stellte Steinmeier fest, sondern die Wutbürger hätten ihren Unmut in fetten Lettern in die Öffentlichkeit transportieren können. Ihr Kontra zu jedem Cent Griechenlandhilfe. Ihr Nein zu Stuttgart 21. Insgesamt "ihre Wut auf die Politik", so Steinmeier, der eine Erosion des Vertrauens in die Politik ausmachte. Politikverdrossenheit also.

Irrtumsbereinigung

Die habe vor allem mit der Beliebigkeit von Positionen und mit der Unverbindlichkeit von Politikern bzw. Parteien zu tun. Frank-Walter Steinmeier brachte als Beispiel die "Inszenierungsdebatte" rund um die Energiewende, ausgetragen von Schwarz-Gelb und von den Grünen. Er geißelte mit Blick auf den kommenden Donnerstag und die zweite bzw. dritte Lesung des Gesetzes zum Atomausstieg bis 2022 die christdemokratisch-liberale "Irrtumsbereinigung" der amtierenden Bundesregierung, kritisierte die 180-Grad-Kehrtwende nach den japanischen Reaktorkatastrophen. Steinmeier sprach es nicht aus, nannte den Namen nicht, wurde zwischen den Zeilen aber deutlich: Kanzlerin Dr. Angela Merkel habe mit der Laufzeitverlängerung im Herbst 2010 den Ausstiegskonsens zerstört. "Und jetzt nach Wochen langer Diskussion stehen wir wieder da, wo wir im Jahr 2000 gestanden haben", ärgerte sich Steinmeier. Mit anderen Worten: Der Erfolg einer engagierten Anti-Atomkraft-Bewegung und die Bestätigung der Energiewende, die die Sozialdemokraten 1986 beschlossen und zur Jahrtausendwende begonnen hätten, wird in diesen Tagen wiederholt.

Christian Hoffmann, Siegener Zeitung