Die SPD-Kreistagsfraktionen Siegen-Wittgenstein und Olpe trafen sich am Wochenende auf halber Strecke in Wenden, um sich gemeinsam mit Hilfe von acht geladenen Referenten zum Thema Nahverkehrsplan 2018-2025 zu informieren. Die Palette der Informationen reichte von Wünschen und Erwartungen einzelner Interessengruppen bis hin zu rechtlichen Vorgaben und Möglichkeiten zur Optimierung des bestehenden Nahverkehrsplanes. Günter Padt, Geschäftsführer des ZWS, erläuterte die bestehende Situation und die durch EU-Vorschriften deutlich verschärften Bedingungen für die neue Ausschreibung. Er machte aber gleichzeitig deutlich, dass kreisweit durch die Optimierung des Schülerverkehrs mit flexibleren Schulanfangs- und endzeiten eine Einsparung von rund 25% in diesem Bereich möglich sei. Diese Mittel könnten dann in andere Linien fließen oder komplett eingespart werden. Hier sei in der Vergangenheit ein Einsparpotential von in einzelnen Kommunen bis zu 40% an der Eltern- und Lehrerlobby gescheitert, so auch Otto Wunderlich, Vorsitzender des Arbeitskreises Schienenverkehr Südwestfalen.
Hermann Josef Droege, Geschäftsführer der IHK, erinnerte eindringlich an die wirtschaftliche Bedeutung der Bahnlinien, die auch für die angesiedelten Industriebetriebe unentbehrlich seien. Einsparpotential sieht Droege in der Entzerrung der Stoßzeiten, z.B. durch einen früheren Vorlesungsbeginn an der Universität Siegen. Warum sollen nur die Kinder früher aufstehen, das können wir auch von unseren Studierenden verlangen, so Droege.
Die Teilhabe aller am ÖPNV war Thema der Referate von Rainer Damerius, VGWS Fahrgastbeirat, und Friedhelm Hoffmann, Mitglied im Vorstand der Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe und chronisch Kranker e.V., die an die EU-Vorgabe erinnerten, nach der der ÖPNV bis zum 01.01.2022 vollständig barrierefrei sein muss. Zzt. komme es vor, dass nur ein Rollstuhlfahrer pro Bus mitgenommen werden könne, ein zweiter Rollstuhlfahrer dann auf den nächsten Bus warten müsse. Und das bei regionaltypischem Wetter ohne behindertengerechte Unterstellmöglichkeit.
Roswitha Still beleuchtete den touristischen Wert des ÖPNV. Die Geschäftsführerin des Touristikverbandes nannte den neuen Wisentbus, die Buslinie zwischen Bad Berleburg und Schmallenberg, als gelungenes Beispiel dafür, wie man zum einen eine für Einheimische attraktive Linie mit einem Transportangebot an Wanderer verbinden könne. Im touristischen Bereich seien besonders Verbindungen zu und von Wanderrouten wichtig. Diese müssten auch besser beworben werden.
Referent Achim Walder bezeichnete die kostenlose Mitnahme von Fahrrädern als durchweg positiv, dies werde sowohl im Freizeitbereich als auch auf dem Weg zur Arbeit sehr gut angenommen.
Der Exot Uwe Latsch stellte abschließend die Carsharing-Technologie von invers vor. Der weltweite Marktführer in diesem Bereich mit Standort in Netphen erläuterte die Möglichkeiten auf diesem Gebiet. Zzt. arbeite man daran e-bikes mit der entsprechenden Technik auszurüsten. Damit kann auch Siegen eine fahrradfreundliche Stadt werden, so Latsch. Interessant war auch der Blick in die Zukunft. Für 2025 prophezeit Uwe Latsch eine neue Form der Mobilität durch autonom fahren Autos. Dies würde den eigenen Wagen in der Garage überflüssig machen und zum Bindeglied zwischen Individualverkehr und ÖPNV werden, dem bisher missing link der Personenbeförderung.
Die Fraktionsvorsitzenden Michael Sittler und Thomas Förderer diskutierten im Anschluss an die Referate noch mit den SPD-Fraktionen beider Kreise und verständigten sich auf einen gemeinsamen Fahrplan bis zur abschließenden Beratung des neuen Nahverkehrsplanes im März 2016 in beiden Kreistagen.