SPD Siegen-Wittgenstein im Austausch mit dem Deutschen Mieterbund Siegerland und Umgebung e.V.
Mangelnde soziale Wohnraumförderung, zu wenige kleine, günstige und barrierefreie Wohnungen, gestiegene Bau- und Energiekosten sowie zu viel bürokratischer Aufwand beim Beantragen von Wohngeld. Das sind Schwierigkeiten des heimischen Wohnmarktes, die bei einem Austausch der SPD Siegen-Wittgenstein mit dem Mieterbund Siegerland besprochen wurden.
Marco Karsten, Geschäftsführer des Mieterbundes Siegerland, sieht für die Wohnraumknappheit in Siegen-Wittgenstein zwei Gründe: Zum einen fehle es an Bauland für Wohngenossenschaften, die eigentlich gerne bauen würden. Zum anderen seien die Baukosten aktuell so stark gestiegen, dass die Miete bei freifinanzierten Neubauwohnungen laut Karsten ca. zwölf Euro pro Quadratmeter betragen müsste, was bei dem hiesigen Mietpreisgefüge nicht darstellbar sei.
Soziale Wohnraumförderung kommt nicht in Schwung
Es fehle vor allem an Flächen für Wohngebäude mit mehreren Geschossen und für barrierefreie oder zumindest barrierearme Wohneinheiten, so Karsten. Karl Ludwig Völkel, Co-Vorsitzender des Unterbezirks der SPD Siegen-Wittgenstein, sieht Handlungsspielraum bei den Kommunen: „Sie haben die Möglichkeit, Preise zu steuern, indem sie Wohngebiete nur dort entwickeln, wo die Kommunen Eigentümer sind.“
„Die soziale Wohnraumförderung kommt hier nicht wirklich in Schwung“, so Karsten. Allerdings seien die Mieten in Siegen-Wittgenstein niedriger als in anderen Großstädten. „Wir haben das Glück, dass wir relativ große Genossenschaften hier haben, die den Mietspiegel konstant niedrig halten“, so der Geschäftsführer. Trotzdem sei ein deutlicher Anstieg der Mietpreise seit 2017 zu beobachten – auch abseits des Stadtkerns in den ländlicheren Ortschaften. Die Energiekrise trage außerdem zu den hohen Mietpreisen bei.
Auch Menschen mit mittlerem Einkommen sind betroffen
Die aktuellen Entwicklungen hält Karsten für gefährlich: „Es sind nicht nur Menschen betroffen, die im Niedriglohnsektor wenig Geld verdienen.“ Diese Einschätzung teilt auch die Bundestagsabgeordnete Luiza Licina-Bode: „Es ist plötzlich so, dass sich Menschen, die bislang ein ganz normales Gehalt hatten, grundlegende Dinge wie Wohnen, Heizen und Essen nicht mehr leisten können.“ Karsten rechnet mit Nachzahlungen im vierstelligen Bereich, die die Mieter erwarten könnten. Zudem könnte der monatliche Abschlag ebenfalls deutlich ansteigen. Einsparungen in Höhe von 20 Prozent des Energieverbrauchs – wie im Rahmen der Gaspreisbremse empfohlen – hält Karsten für zu hoch angesetzt. Aus seiner Sicht seien ca. zehn Prozent realistisch.
„Wenn die Nebenkostenabrechnungen da sind, muss schnell gehandelt werden“, sagt Julian Maletz, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion. „Darauf müssen wir uns jetzt schon vorbereiten und nicht erst, wenn die ersten Kündigungen für Mieter drohen.“
Wohngeld mit vorausgefülltem Schreiben beantragen
Eine entlastende Transferleistung sei das Wohngeld, welches viele allerdings nicht in Anspruch nähmen, so Karsten. „Viele wissen nicht, auf welche Leistungen sie Anspruch haben. Im besten Fall müsste so etwas automatisiert ablaufen“, so der Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion. „Eine Möglichkeit wären vorausgefüllte Anträge als Standardanschreiben, die an die Bürgerinnen und Bürger versendet werden“, sagt die Bundestagsabgeordnete Licina-Bode.
Insgesamt bewertet Karsten die Situation auf dem Wohnungsmarkt in Siegen-Wittgenstein als angespannt: „Nur weil die Mieten hier günstiger sind als in anderen Großstädten, heißt es nicht, dass die Lage hier nicht angespannt ist. Das ist immer in Relation zu Faktoren wie dem Gehalt zu betrachten.“ Die Mietpreisbremse würde so wie sie aktuell definiert ist in Siegen beispielsweise nicht helfen. „Das Problem dabei ist die Definition eines angespannten Wohnungsmarktes“, sagt Karsten. „Diese Definition muss angepasst werden unter Beachtung verschiedener Faktoren“, so Licina-Bode, die diese Anregung mit nach Berlin nehmen möchte.